10.12.2025
Studie: Nutri-Score schöpft Potenzial nicht aus

Foto/Grafik: Markus Mainka / as
66 Prozent der Befragten sprechen sich für eine verpflichtende Einführung des Nutri-Scores aus.
Der Nutri-Score genießt hohe Bekanntheit und breite Zustimmung, entfaltet seine Wirkung im Markt jedoch nur eingeschränkt. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue wissenschaftliche Studie im Auftrag von Foodwatch. Obwohl 91 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher das Label kennen und dessen intuitive Farb-Buchstaben-Logik positiv beurteilen, findet es im Einkaufsalltag nur begrenzt Anwendung. Die Untersuchung zeigt, dass das Nutzungspotenzial des Nutri-Score deutlich größer ist als seine tatsächliche Verankerung im Kaufverhalten.
Die Studie basiert auf einer bundesweiten Online-Befragung von 1.103 Personen. Zwar beurteilen viele Befragte den Nutri-Score grundsätzlich als hilfreiche Orientierung, doch nur 14 Prozent nennen ihn spontan als Kennzeichnung für eine gesunde Lebensmittelauswahl. Gleichzeitig bestehen ausgeprägte Vertrauensdefizite: 59 Prozent zweifeln mindestens teilweise an der Neutralität des Systems, 67 Prozent empfinden die Bewertungen als mindestens teilweise irreführend. Zudem geben 80 Prozent an, unsicher zu sein, ob sie den Nutri-Score korrekt anwenden.
66 Prozent sprechen sich für verpflichtende Einführung aus
Besonders deutlich zeigt sich die Lücke zwischen grundsätzlicher Akzeptanz und realer Nutzung. Zwei Drittel der Befragten würden ein interpretatives Label beim Einkauf grundsätzlich verwenden, tatsächlich greifen aber nur 31 Prozent häufig oder sehr häufig auf den Nutri-Score zurück. Lediglich 12 Prozent lehnen ihn klar ab. 66 Prozent der Befragten sprechen sich für eine verpflichtende Einführung aus; 71 Prozent wünschen sich mehr Informationen und verständlichere Erläuterungen.
Die Autorinnen und Autoren identifizieren mehrere Ursachen für das unausgeschöpfte Potenzial: eine zu geringe Marktpräsenz, die schwache Abrufbarkeit im Moment der Kaufentscheidung sowie verbreitete Missverständnisse über die Aussagekraft des Systems. Zusätzliche Unsicherheit entsteht durch Debatten über die Validität des zugrunde liegenden Algorithmus sowie durch kritische Inhalte in sozialen Medien. Für Unternehmen und Handel benennt die Studie mehrere Ansatzpunkte – darunter eine breitere Regal-Kennzeichnung, klarere POS-Kommunikation und eine stärkere Verankerung des Nutri-Score im Category Management.
Durchgeführt wurde die Studie von der Agentur für Verbraucherforschung und Lebensmittelmarketing Zühlsdorf + Partner aus Göttingen. Sie ist aus der Zielsetzung entstanden, die universitäre Forschung mit aktuellen praktischen Problemstellungen im Lebensmittelmarkt zu verknüpfen. Gründungsgesellschafter sind Prof. Dr. Achim Spiller und Dr. Anke Zühlsdorf.
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