24.11.2025

Monopolkommission kritisiert Marktmacht in der Lebensmittelbranche

Die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel und in Teilen der Nahrungsmittelindustrie ist in den letzten Jahren nach Feststellung der Monopolkommission erheblich gestiegen. „Die Macht des Lebensmitteleinzelhandels und teilweise der Hersteller ist zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich gestiegen, während die Landwirtschaft oft den Weltmarktrisiken ausgesetzt ist“, erklärt Tomaso Duso, Vorsitzender der Monopolkommission. Der Grund dafür sind zahlreiche Zusammenschlüsse in der Branche und die zunehmende Ausweitung der Aktivitäten des Handels auf die Herstellungsebene.

Die Monopolkommission, ein unabhängiges Beratungsgremium der Bundesregierung, hat am 21. November ihr Sondergutachten zum Wettbewerb in der Lebensmittellieferkette an das Bundeswirtschafts- und an das Bundeslandwirtschaftsministerium übergeben. In dem Gutachten hat die Monopolkommission die Marktverhältnisse intensiv untersucht. Auslöser dafür waren die Bauernproteste im Jahr 2024 sowie die hohen Lebensmittelpreise der letzten Jahre.

Fusionen entlang der gesamten Lieferketten schärfer kontrollieren


Die Monopolkommission empfiehlt, die voranschreitende Konzentration im Einzelhandel zu stoppen und künftige Zusammenschlüsse verstärkt daraufhin zu prüfen, wie sie sich auf die gesamte Lieferkette auswirken. Da der bereits stark konzentrierte Lebensmitteleinzelhandel seine Aktivitäten zunehmend auf vorgelagerte Marktstufen ausdehnt, reicht eine Betrachtung der Auswirkungen auf direkte Wettbewerber auf der Handelsebene nicht mehr aus. Die Fusionen der letzten Jahre haben dazu geführt, dass rund 85 Prozent des Lebensmitteleinzelhandels von vier großen Unternehmensgruppen kontrolliert werden: Edeka, Rewe, Schwarz (Lidl) und Aldi. Durch die Ausdehnung auf die Herstellerebene verstärken die Händler ihre Verhandlungsposition gegenüber Herstellern. Bei manchen Produkten treten sie in direkte Verhandlungen mit der Landwirtschaft.

Akuten Handlungsbedarf sieht die Kommission auch auf Ebene der Hersteller. Als Hersteller gelten Unternehmen, die die landwirtschaftlichen Erzeugnisse weiterverarbeiten. „Der Konzentrationsprozess des Lebensmitteleinzelhandels darf sich nicht auf Herstellerebene fortsetzen“, so Duso. Bei manchen Lebensmitteln haben einzelne Unternehmen bereits starke Marktmacht. Die Monopolkommission empfiehlt, den verbleibenden Wettbewerb unbedingt zu sichern und weitere Zusammenschlüsse schärfer zu prüfen.

Um die wettbewerblichen Auswirkungen von Zusammenschlüssen besser zu verstehen, plädiert die Monopolkommission dafür, Zusammenschlüsse im Nachhinein systematisch zu bewerten – anhand sogenannter Ex-post-Evaluationen. „Wer nicht aus der Vergangenheit lernt, zahlt am Ende drauf. Ex-post-Evaluationen basierend auf guten Daten können zeigen, wie Zusammenschlüsse den Wettbewerb tatsächlich beeinflussen“, betont Duso.

Machtmissbrauch wirksam entgegentreten


Diese Markt- und Machtveränderungen in der Lebensmittellieferkette machen aus Sicht der Monopolkommission eine wirksamere Kontrolle gegen Machtmissbrauch erforderlich. „Es gibt zwar schon Gesetze gegen unfaire Handelspraktiken, Landwirtinnen und Landwirte schrecken jedoch oft vor Meldungen und Beschwerden zurück. Daher brauchen wir eine konsequentere Durchsetzung bestehender Regeln“, sagt Duso. Hier kann die Durchsetzung der Gesetze durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung und das Bundeskartellamt verbessert werden.

Steigende Konzentration und steigende Lebensmittelpreise


Die Empfehlungen der Monopolkommission stützen sich auf verschiedene empirische Analysen. Diese zeigen, dass die durchschnittlichen Gewinnmargen von Einzelhändlern und Herstellern seit über zehn Jahren ansteigen – parallel zu den Konzentrationsprozessen auf beiden Ebenen. Im gleichen Zeitraum sind die Verbraucherpreise stärker gestiegen als in vielen anderen EU-Ländern. Das hat zur Folge, dass die Schere zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen weiter auseinandergeht. „Die hohe Marktkonzentration und steigende Preisaufschläge auf Lebensmittel durch Hersteller und Einzelhandel sind besorgniserregend. Der Wettbewerb auf diesen Ebenen ist geschwächt, während die Landwirtinnen und Landwirte insbesondere in der Milch- und Fleischwirtschaft langfristig kaum profitiert haben“,erklärt Tomaso Duso. Obwohl landwirtschaftliche Betriebe in manchen Wirtschaftsjahren kurzfristig signifikante Gewinne verzeichnen konnten, profitierten sie langfristig kaum von steigenden Lebensmittelpreisen.

Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft verbessern


Die Monopolkommission sieht die Stellschrauben zur Verbesserung der Wettbewerbsposition der Landwirtschaft vor allem auf der Kostenseite. Die bereits laufende Entwicklung hin zu einer kosteneffizienteren Produktion oder größeren Betriebsstrukturen kann Risiken besser abfedern. Die Bürokratielast für die Landwirtschaft muss verringert werden. Zudem ist eine Anpassung der Agrarsubventionen sinnvoll: Kriterien sollten sich stärker an Produktivität, Innovation und Nachhaltigkeit orientieren statt an der reinen Flächengröße. So könnten sich auch kleinere Betriebe stärker positionieren.

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