15.04.2024
Europäischer LEH wächst um knapp 9 Prozent
Im europäischen Lebensmitteleinzelhandel zeichnet sich für 2024 eine leichte Erholung ab, nachdem die Branche im Vorjahr wegen der Inflation und des preissensiblen Verhaltens der Konsument:innen unter Druck war.
Das zeigt die Studie 'State of Grocery 2024 Europe', die das Beratungsunternehmen McKinsey & Company zusammen mit dem Branchenverband EuroCommerce veröffentlicht hat. Die Studie untersucht die Trends, die den Lebensmitteleinzelhandel in den kommenden Jahren prägen werden.
Realumsätze unter Vor-Pandemie-Level
Demnach stiegen 2023 die Umsätze im europäischen Lebensmitteleinzelhandel durch inflationsbedingte Preiserhöhungen um rund 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig führten niedrigere Handelsvolumina und Realpreise dazu, dass die Realumsätze 4,5 Prozent unter dem Vor-Pandemie-Level von 2019 liegen. Im Jahresverlauf ging die Inflation zwar zurück, blieb jedoch der bestimmende Faktor für die Branche in Europa - zumal sie das Haushaltsbudget der Konsument:innen massiv belastete und das Lohnniveau trotz Anpassungen vielerorts ebenfalls unter dem 2019er-Niveau lag.
Beim deutschen Lebensmitteleinzelhandel stieg der Umsatz durch die Inflation im Jahr 2023 um 7,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dadurch konnten das geringere Handelsvolumen (-1,9 %) und ein anhaltender Downtrading-Effekt (-2,9 %) ausgeglichen werden. Gleichzeitig ging der reale Umsatz zurück (-4,7 %) und liegt um 8 Prozent unter dem Niveau von 2019.
„Die Lebensmittelpreisinflation in der Europäischen Union hat sich mittlerweile stabilisiert, doch bleiben das wirtschaftliche und makroökonomische Umfeld tendenziell schwierig. Dies gilt auch für den Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland“, sagt Frank Sänger, Senior Partner bei McKinsey und Leiter der Retail und Consumer Practice in Deutschland.
Im zweiten Halbjahr 2024 wird der europäische Lebensmittelhandel voraussichtlich wieder wachsen. So prognostizieren die Studienautor:innen ein Plus beim Gesamtvolumen. Allerdings ist die Entwicklung in den einzelnen Ländern unterschiedlich. Gründe dafür sind die demografische Situation und die unterschiedliche starke Erholung der Kaufkraft.
Bestimmende Trends
Die bestimmenden Trends für den Lebensmitteleinzelhandel in diesem Jahr sind laut der Studie:
• Margendruck steigt: Dies könnte zur Intensivierung der Preisverhandlung mit Zulieferern führen, womöglich auch zu Kooperationen im Einkauf und Konsolidierung im Markt.
• Polarisierung nimmt zu: Discounter (Marktanteilgewinn von 0,7 Prozentpunkten) und Eigenmarken (Anstieg der Verkaufszahlen um 1,8 Prozentpunkte) verzeichneten Wachstum und positive Kundenzufriedenheit, sodass eine Abkehr auch in einem entspannteren Marktumfeld unwahrscheinlich ist.
• Nachhaltigkeit: Bislang hat keiner der 10 größten europäischen Lebensmittelhändler Fortschritte bei der Reduzierung der Scope 3-Emissionen gemacht. Seitens der Marktteilnehmer sind folglich weitere Anstrengungen nötig. Insbesondere die Generation Z und die Millennials haben starkes Interesse an klimafreundlichen Produkten.
• Online-Verkauf: Online-Verkäufe machen 6 Prozent des Gesamtvolumens aus und haben Wachstumspotenzial. Sie entwickeln sich zunehmend zu einem profitablen Format.
• Advanced Analytics (AA) und KI: Neue Technologien haben enormes Transformationspotential, wobei generative KI (GenAI) bisher noch nicht verbreitet genutzt wird. Konkrete Anwendungsfelder auf Kundenseite sind Chatbots, personalisierte Einkaufshilfen oder Planungshilfen. Für die Industrie ist der Einsatz beispielsweise in den Bereichen Operations oder Procurement denkbar.
„Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind weiterhin preissensibel und suchen nach Möglichkeiten, Geld zu sparen. Allerdings verbessert sich die Verbraucherstimmung in Deutschland. Das bietet neue Wachstumschancen, vor allem im Bereich der Bioprodukte, da die Verbraucher:innen weiterhin Wert auf qualitativ hochwertige Lebensmittel legen, die nachhaltig produziert werden“, so Frank Sänger.
Die Ergebnisse basieren auf Interviews mit CEOs, einer Umfrage unter 30 führenden Lebensmittelhändlern sowie einer Befragung von über 12.000 Verbraucher:innen aus elf europäischen Ländern, darunter Deutschland. Die englischsprachigen Studie lässt sich unter diesem
Link downloaden.
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